ALWEG Köln-Fühlingen 1957. - ALWEG Cologne-Fühlingen 1957. Photo Maria Wendt - © Copyright Reinhard Krischer.
DUBAI 2009 - Gebaut von der Hitachi Company, Japan - Built by the Hitachi Company of Japan. Sammlung/Collection Reinhard Krischer.


ALWEG LEBT
Aktuelle Alweg-Gedanken

von Reinhard Krischer

Autor des Buches "Alweg-Bahn
Autor und Webmaster der Internetseite "The Alweg Archives"



D
ie Arbeit an der Dokumentation der Geschichte der Alweg-Bahn führt immer wieder auch zu der Frage, warum Alweg keinen Erfolg hatte.

 

Wissenschaftlich ist diese Frage nur schwer zu beantworten, da es keine wirklich schlüssigen, aussagekräftigen Unterlagen und Belege darüber gibt, warum aussichtsreiche Alweg-Projekte letztendlich abgelehnt wurden. Doch es gibt immer wieder Hinweise auf Ablehnung, die offenbar auf Stimmungen, Vorurteile, persönliche Meinungen, Irrationalitäten und Fehlinformationen basiert. Nicht nur die Alweg-Bahn ist Opfer solcher Ablehnung geworden. Fast alle technischen Innovationen, Neuerungen, Neuentwicklungen haben mit dieser Art von Ablehnung zu kämpfen. Es trifft ja nicht nur die Technik, auch die Kultur muss sich immer wieder mit dieser Art Ablehnung auseinandersetzen. Jede Art von Neuerung, egal auf welchem Gebiet, stößt anfänglich offenbar auf Widerstand, der sich aus verschiedensten Gründen und mit unterschiedlichsten Motiven formiert. Oftmals, so scheint es, nur aus purem Oppositionswillen, der sich im Grunde gar nicht für die eigentliche Sache interessiert, sondern einfach nur opponieren will, - ob es Sinn macht oder nicht.

 

Man fragt sich unwillkürlich, wie schwer mögen es die Personen gehabt haben, die das Rad erfanden?

Vermutlich genauso schwer wie die Personen, die heutzutage mit Magnetschwebetechnik bei der Eisenbahn das Rad wieder abschaffen wollen.

 

Gelegentlich jedoch präsentieren sich dem verzweifelt nach wissenschaftlichen Beweisen für diese Art von Opposition Suchendem erstaunliche Beispiele dafür. Sie lassen sich zwar auch nicht „festnageln“, doch sie illustrieren jene Grundstimmung, die Opposition um der Opposition willen entstehen lässt, die sich vielfach unter einem Deckmäntelchen angeblicher demokratischer Pflicht zum Widerspruch verbirgt, um legitim zu erscheinen. Eine Tarnung, die es häufig unmöglich macht, sinnloses Opponieren als solches zu entlarven. Der Schaden, der dadurch angerichtet wird, der gute Ideen im Keim erstickt, nur weil sie zum Beispiel nicht von den Opponierenden selbst stammen, ist unermesslich. Im schlimmsten Fall kann er sogar zu gefährlichem Demokratieverdruss führen, weil die permanente Verlangsamung oder gar Ablehnung von Innovationen als Schwäche der Demokratie empfunden werden.

 



E
in gutes Beispiel dafür ist derzeit der Versuch des französischen Präsidenten Sarkozy, die Hauptstadt Paris in eine moderne öko-technologische Metropole zu verwandeln. Die politische Opposition und die Medien aber dreschen auf die Pläne ein, als ob es gelte, den Ruin des Vaterlandes und des Abendlandes abzuwehren. Es werden Sarkozy sogar persönliche Motive unterstellt, - er wolle sich, wie seine Vorgänger auch, städtebaulich verewigen.
 

Mag ja alles sein, aber hat jemand bessere Vorschläge?

 

Gerade in diesen wirtschaftlich prekären Zeiten bietet es sich doch an, endlich neue Wege einzuschlagen. Neue Arbeit kann es nur mit neuen Ideen und Technologien geben. Da man es bisher weitgehend versäumt hat, alte Technologien neuen Anforderungen anzupassen, weil man den schnellen Profit der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit vorzog, muss nun schnell gehandelt werden. Diese Dringlichkeit wird uns wohl oder übel teuer zu stehen kommen, denn ohne den Warnschuss Weltwirtschaftskrise hätte noch immer niemand begriffen, wie eilig es ist, das nötige Umdenken endlich ernsthaft zu betreiben. Für das gute, alte eigensüchtige Opponieren um des Opponierens willen ist keine Zeit mehr. Schwierig daran ist, dass Umdenken nicht einfach nur umdenken bedeutet, sondern „neudenken“! Da reicht Opponieren allein nicht mehr aus.

 

Zum Beispiel muss man endlich aus Geschichte lernen und nicht nur Sonntagsreden über diesen viel zitierten und geforderten Lernprozess halten. Bescheidene und heutzutage belächelte Ideen wie „weniger ist mehr“ sollten endlich ernst genommen werden. Lobbyismus sollte als volkswirtschaftliches Übel abgeschafft werden. Bestimmte Geschäfts- und Industriezweige sollten auf ihre eigentliche Bestimmung reduziert werden. Industriell hergestellte Produkte sollten nicht zu überbewerteten Ikonen werden, deren Besitz mit technologisch hoch entwickelter Zivilisation und Kultur verwechselt wird. Dienstleistungssektoren sollten verpflichtet werden, Dienste zu leisten, statt sich durch monopolistisches Gebaren einflussreiche Machtpositionen zu sichern, die sich für die Belange der kleinen Konsumenten nicht mehr im geringsten interessieren.

 

Aber all das ist Teil des schweren Weges, der „Neudenken“ heißt.

Im wirtschaftlichen Leben auf alte Art und Weise schnelle Gewinne machen und im politischen Leben lediglich wie eh und je verbal opponieren, ist weniger mühsam.

Hier und da mal „Nachhaltigkeit einklagen“ und stets zum richtigen Zeitpunkt „betroffene Empörung“ mimen, das ist weniger mühsam. Entrüstungsstürme abklingen lassen und Trauer über vermeidbare Katastrophen durch Alltagszwänge verdrängen lassen, ist weniger mühsam. Und wenn mal ein echter „Neudenker“ auftaucht oder wenn innovative Ideen alte Pfründe bedrohen, dann muss man diese von Anfang an unglaubwürdig machen, egal wie, legal oder illegal.

 

Man kann alles verschwinden lassen, - Personen, Sachen, sogar Ideen.

Man kann sogar zum Beispiel Privatarchive verbieten.

Oder hoffen, dass Archive verloren gehen …

 



E
ines der Architektur- und Stadtplanungsbüros, das für Sarkozys Idee gearbeitet hat, schlägt eine Hochbahn-Ringstrecke um Paris vor. Dazu gibt es eine Illustration.
 

Diese Illustration zeigt eine Einschienenbahn vom Typ Alweg. Sie wird nicht so genannt, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass dies eine Alweg ist. So wie sie einst in Köln-Fühlingen von 1951 bis 1967 entwickelt und vorgeführt wurde. Die von der Stadt Köln abgelehnt wurde. Die in der Stadt Köln konsequent vergessen wurde. Und wenn ihr Name mal auftauchte, hieß es gleich, ach, die ist doch gescheitert.

 

Nun ist sie plötzlich wieder da, - ganz nah, vielleicht mal rund um Paris.


Link zur pdf-Ausgabe der Broschüre zur Ausstellung "LE GRAND PARI(S)".
Oben genannte Illustration ist auf Seite 13 zu finden.

 

Am 30. April 2009 nahm in Dubai offiziell die Palm Jumeirah Monorail ihren Betrieb auf. Sie verbindet das Festland mit der ersten der künstlichen „Palmeninseln“ im Meer vor Dubai. Gebaut wurde sie von der japanischen Weltfirma Hitachi, die Anfang der 1960er Jahre Lizenzrechte der Firma Alweg in Köln-Fühlingen erwarb. Seither hat Hitachi die Alweg-Bahn weitergebaut. In Dubai ist man begeistert über dieses luftige Transportmittel, das leise über dem Straßenverkehr und dem Meer auf schmalem Betonbalken hinschwebt und den Fahrgästen einen einmaligen Rundblick gewährt.

 

Viele „Schwellenländer“ interessieren sich inzwischen für diese Art Bahn. In Asien gibt es diverse solcher Bahnen. In Mumbai hat man gerade mit dem Bau eines umfangreichen Einschienen-Stadtbahn-Netzes (Typ Alweg) begonnen.

 

Die Firma Alweg hat schon in den 1950er Jahren auf ihr in jeder Beziehung umweltfreundliches Konzept (z.B. schnelle Bauzeit ohne langjährige Verkehrsbehinderungen, billiger als Zweischienenbahnen, leiser Betrieb, Streckenführung über bestehenden Verkehr hinweg, hohe Verkehrsicherheit, Platz sparend) hingewiesen. Aber die Stadtplaner und Stadtverwalter wollten nichts davon wissen. Lächerliche, betriebsuntaugliche Verkehrsutopie, sagten sie.

 

Die internationale Presse berichtete über Sarkozys Plan vom grünen „Grand Paris“. Auch die beiden Kölner Tageszeitungen berichteten. Die Illustration der Einschienen-Hochbahn erinnerte aber niemanden an die Geschichte der Kölner Alweg-Bahn. Im Gegenteil, die eine der beiden Zeitungen schrieb von einer „Schwebebahntrasse“. Was das sein soll, wurde nicht erklärt. Das renommierte „Handelsblatt“ schrieb von einer „Art Super-Metro“. Und das Magazin „art“ bildete besagte Illustration ab und meinte dazu in beneidenswerter Unkenntnis der Geschichte technischen Designs: „Schwebebahn lässt grüßen“.

 

Nun, nachdem in Dubai Hitachis Einschienenbahn vom Typ Alweg den Betrieb erfolgreich aufgenommen hat, werden viele VIPs der „Ersten Welt“ (vor allem auch Journalisten) diese Bahn verwundert und bewundernd zur Kenntnis nehmen und werden fragen, warum gibt es so etwas nicht bei uns?

Reinhard Krischer
Mai 2009



ALWEG Seattle 1962 (noch heute in Betrieb - still in operation today) Photo Sammlung/Collection Reinhard Krischer.
DUBAI 2009 Palm Jumeirah Monorail von/by The Hitachi Company of Japan. Photo Sammlung/Collection Reinhard Krischer.





Text und Illustrationen, wenn nicht anders vermerkt,
Text and Illustrations, unless otherwise noted,

COPYRIGHT
Reinhard Krischer

Jegliche Verwendung von Material dieser Website nur mit schriftlicher Genehmigung.
Any type of use of the material contained in this website
by written permission only.